Interne Kommunikation im Markenbildungsprozess am Beispiel MedUni Wien

Interview mit Johannes Angerer, Leiter der Abteilung Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der MedUni Wien, über Herausforderungen und Vorteile, die ein partizipativer Markenbildungsprozess für die interne Kommunikation und für die Identitätsbildung mit sich bringt.

Markenbildungsprozess der MedUni Wien

Die Medizinische Universität Wien ging vor mehr als zehn Jahren aus der Medizinischen Fakultät der Universität Wien hervor. Was hat Sie nun dazu bewogen, die Marke MedUni Wien neu zu positionieren?
Angerer: In vielen Kommunikationsaktivitäten wurde klar, dass die MedUni Wien als recht junge Institution oftmals mit der Universität Wien verwechselt wurde. Auch das relativ komplizierte Konstrukt in der Zusammenarbeit mit dem AKH hat einige Unklarheiten verursacht. Denn nur wenige verstehen, dass die ärztlichen MitarbeiterInnen der MedUni Wien angehören, während das andere Personal im AKH der Gemeinde Wien untersteht. Zusätzlich wurde die MedUni Wien? überwiegend als Lehrbetrieb ?gesehen, als Forschungsinstitution war sie weniger bekannt.? Deshalb ging es uns darum, nach? zehn Jahren als eigene Institution sich selbst kritisch anzusehen und an der eigenen Profilbildung zu arbeiten.

Oft wird die Neupositionierung einer Marke nicht in aktiver und inhaltlicher Beteiligung der MitarbeiterInnen gestaltet. Warum hat sich die MedUni Wien für einen partizipativen Markenbildungsprozess ent- schieden?
Angerer: Unsere Devise war: Wenn wir es machen, dann „gescheit“. Deshalb haben wir uns in diesem Prozess beraten lassen und mit der Firma Brainds zusammengearbeitet. Uns war klar, dass dieser Prozess und die Umsetzung zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen würden und wir haben wir es bewusst als partizipativen Prozess angelegt. Aus diesem Grund wurden im Vorhinein möglichst viele MitarbeiterInnen aus verschiedenen Abteilungen und Bereichen eingebunden. „MitarbeiterInnen sind das Potential eines Unternehmens; wenn man diese nicht für die Institution gewinnen kann, hat man schon verloren.“

Wie hat der Prozess der internen Kommunikation in Hinsicht auf die neue Marke ausgesehen?
Angerer: Die Akzeptanz der teilnehmenden MitarbeiterInnen war eine ganz wichtige Basis, um weitere Veränderungen durchführen zu können. Unter anderem wurden im Markenbildungsprozess die möglichen Varianten der Marke in Form einer Ausstellung präsentiert und eine Empfehlung entsprechend der Mehrheit der MitarbeiterInnen abgegeben, dem das Rektorat schlussendlich auch gefolgt ist.
Wir haben auch über einen längeren Zeitraum hinweg Leute eingebunden, die wiederum als Markenbotschafter unterwegs waren. Diese allein haben vorab positiv den Prozess der Markenselbstfindung – der weit über den optischen Auftritt hinausgeht – verbreitet. Gerade bei einer Institution mit so einer großen Tradition, wo viele Teilbereiche eine eigene Identität gebildet haben, ist es nicht selbstverständlich, wie reibungslos dies gegangen ist. Besonders die Workshops mit tatsächlicher persönlicher Beteiligung hat es in dieser Form nie zuvor gegeben. Darüber hinaus haben wir ansonsten auf die üblichen internen Kommunikationskanäle zurückgegriffen. Konkret haben wir einen wöchentlich erscheinenden Newsletter, der an unsere 5.500 MitarbeiterInnen geht, und einen Newsletter, der an alle 8.000 Studierende geht. Zusätzlich haben wir auch ein Magazin, das sich von einem MitarbeiterInnen- zu einem Stakeholdermagazin entwickelt hat. Rektor Markus Müller ist ein starker Kommunikator, dem auch der unmittelbare Kontakt mit den MitarbeiterInnen besonders wichtig ist. Social Media spielen auch eine Rolle, vor allem was die Studierenden betrifft, die über diese Kanäle besonders gut erreichbar sind. Was bisher noch nicht aktiv zur Markenentwicklung eingesetzt wurde, sind Bewegtbilder, dies wird aber in Zukunft bei diversen Kommunikationsaktivitäten Thema werden.

Ein klar definierter Markenauftritt bewirkt viele Vorteile, auch für die Abteilungen und MitarbeiterInnen. Wie überzeugt man die MitarbeiterInnen davon?
Angerer: Wir achten darauf, dass wir unsere Vision immer stärker leben. Denn im Grunde genommen kann man in so einer großen Organisation nicht von einem Tag auf den anderen dafür sorgen, dass alle einem „Spirit“ folgen. Eine Universität zeichnet sich auch dadurch aus, dass es unterschiedliche Meinungen gibt, dass es Diskurs gibt etc.. Insofern ist es entsprechend schwieriger, eine klare Profilbildung durchzusetzen, als zum Beispiel bei einem Konzern. Demnach ist diese Art der Überzeugungsarbeit herausfordernder, aber wir sind auf einem guten Weg. Wir haben jedenfalls erreicht, dass alle einer gewissen strategischen Linie folgen, was eine bedeutende Basis für Akzeptanz und Zugehörigkeit ist. Es gibt viele Hinweise darauf, dass sich die MitarbeiterInnen nun weit stärker mit der Organisation identifizieren können als zuvor. Deshalb versuchen wir bewusst auch in internen Seminaren den neuen MitarbeiterInnen zu verdeutlichen, dass sie Teil eines großen Ganzen sind.

Welches Fazit ziehen Sie mehr als ein Jahr danach aus dem partizipativen Markenbildungsprozess?
Angerer: Ich glaube, es ist uns ziemlich gut gelungen, sehr viele Leute mit der neuen Marke zu begeistern, auch wenn wir eine äußerst heterogene MitarbeiterInnengruppe haben. Es wird immer vereinzelte KollegInnen geben, die sich nicht so sehr damit identifizieren können, weshalb wir Widerständen gegenüber vorab mit offener und transparenter Kommunikation gut entgegengearbeitet haben. Es wurde jede Frage und jede Anregung beantwortet, wobei es kritisches Feedback ohnehin nur eher vereinzelt gab. Im Nachhinein gesehen, hätten wir den Mix der involvierten MitarbeiterInnen noch besser gestalten können. Es hat sich herausgestellt, dass gewisse Gruppen weniger repräsentiert waren, als es der tatsächlichen Durchmischung der verschiedenen Gruppen der Universität entspricht. Weniger erreicht haben wir etwa auch die Studierenden, die ja quasi die Zukunft sind und einen wesentlichen Teil einer erfolgreichen Markenentwicklung darstellen. Da konnten wir noch in der letzten Phase nachjustieren, indem wir weitere Workshops angeboten haben, um klarer herauszustreichen, was die Studierenden brauchen, um noch mehr hinter der Institution zu stehen. Für uns war das eine besondere Bestätigung, denn am Ende des Prozesses waren die Studierenden vom visuellen Auftritt begeistert und ebenso stolz auf die Marke MedUni Wien.

Welchen Stellenwert hat für Sie die interne Kommunikation, auch im Vergleich zur externen Kommunikation?
Angerer: Sowohl die interne, als auch die externe Kommunikation ist extrem wichtig. Die interne Kommunikation ist eine gute Basis, um extern kommunizieren zu können. Wenn man externe Kommunikation betreibt, ohne dass die MitarbeiterInnen dahinterstehen, dann hat man keine Faktoren, die das Ganze multiplizieren können. In der Praxis ist es leider so, dass es immer schwerer wird, die MitarbeiterInnen über die klassischen Kommunikationskanäle zu erreichen. Man muss nachdenken, welche neuen Formate es gibt, wie eben Bewegtbild, um interne Kommunikation spannender zu gestalten. Persönlich macht mir jede Art von Kommunikation Spaß. Interne Kommunikation ist auf jeden Fall eine spannende Herausforderung, vor allem haben wir hier noch mehr Potential, extern haben wir hier schon vieles ausgeschöpft.

Das Interview führte Valentina Till. Es entstand im Rahmen der Vortragsreihe „Brand Slam“ an der FH Sankt Pölten, bei der Brainds Geschäftsführer Thomas Hotko und Johannes Angerer, Leiter der Abteilung Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der MedUni Wien, den umfassenden Markenbildungsprozess der MedUni Wien vorstellten. Nachzulesen ist das Interview auch im Magazin PRaktivium, Ausgabe Februar 2018.

© Portraitbild Johannes Angerer: MedUni Wien/F. Matern